Zimmerpflanzen
Kim und ihre Pflanzenwelt
Alles begann vor acht Jahren mit einer Goldfruchtpalme. Heute schmücken über achtzig Zimmerpflanzen Kim Kitcatts Wohnung in Birsfelden BL. Wieso sie von den schönen Grünen kaum genug bekommen kann.
Sie nimmt Beni auf den Arm und fragt: «Ist er nicht toll?» Beni ist eine Dragena fragrans, eine Zimmerpflanze, auch bekannt als Duftender Drachenbaum. Liebevoll schaut sie ihn an: «Es gibt ihn überall zu kaufen, aber trotzdem wird er viel zu wenig wertgeschätzt.»Beni ist eine von achtzig verschiedenen Zimmerpflanzen, die zu Kim Kitcatt und ihrer stilvoll eingerichteten Altbauwohnung in Birsfelden gehören. Sie hängen von der Decke, stehen auf dem Fenstersims, recken sich vom Sideboard in die Höhe. Kim Kitcatt kennt jede ihrer Pflanzen, und jede hat neben dem botanischen auch einen persönlichen Namen. Fridolin, Joy oder Pfiff zum Beispiel. «Mein Freund meint, ich würde sie vermenschlichen», sagt sie, «aber es sind nun mal Lebewesen, sie vermehren sich und sterben, wenn ihre Zeit gekommen ist.» Und sie ist überzeugt, dass jede Pflanze ihren Charakter hat, deshalb darf sie auch einen eigenen Namen haben.
Blick in die Stube, in der Farben und Formen nicht dem Zufall überlassen werden. Annette Fischer
Bäume auf dem Balkon
Kim Kitcatts Liebe zu Zimmerpflanzen begann vor acht Jahren, als sie hier einzog und durch eine schwierige Lebensphase ging. Nur eine einzige Pflanze besass sie damals: eine Goldfruchtpalme. Kaum hatte diese in der Wohnung ihren Platz gefunden, machte sie eine Jungpflanze nach der anderen. Wie ein Geschenk sei das gewesen. Und weil Kim Kitcatt gerne beobachtete, wie aus einem Samen eine neue Pflanze entstand, nahm sie fortan von Spaziergängen im Wald Eichen-und Buchenfrüchte mit und zog auf dem Balkon kleine Bäume. Und in der Stube hielten weitere Zimmerpflanzen Einzug. Wann immer sie an einer Gärtnerei oder einem Gartencenter vorbeikam, trug sie wenig später stolz ein weiteres Gewächs auf dem Arm nach Hause. «Es wurden immer mehr, ich konnte fast nicht mehr aufhören», erinnert sich die 33-Jährige mit englischen Wurzeln und lacht.
Zur gleichen Zeit begann im Internet eine Gemeinschaft von Zimmerpflanzenfans zu entstehen. Sie trat der Gruppe «Zimmerpflanzen und Triebe Schweiz» auf Facebook bei. Mit den Mitgliedern konnte sie fachsimpeln und Stecklinge tauschen. Weitere Pflanzen in allen unterschiedlichen Formen und Grössen, darunter teilweise auch sehr seltene, zogen bei ihr ein.
Eins haben sie gemeinsam: Sie haben alle weisse Töpfe. Verschiedene Gefässe lassen den Raum unruhig wirken, hat Kim Kitcatt festgestellt. Annette Fischer
«Hallo, ich bin jetzt auch da»
Kim Kitcatt stellt Beni an seinen Platz zurück und wendet sich der Schusterpalme daneben zu. «Schauen Sie mal, wie das aussieht, wenn sie neue Blätter macht. Erst schiebt sie ein Rohr nach oben, und das rollt sich dann langsam aus. Es ist, als würde sie auf einmal sagen: ‹Hallo, ich bin jetzt auch da.›» So geht es Schritt für Schritt durch die Stube. Der Boden knarrt, der Ofen strahlt Wärme in den Raum ab. Sie zeigt den Philodendron camposportoanum, auch Filu genannt, einen ihrer Lieblinge. Im Gegensatz zu Beni ist er in der Schweiz nicht leicht zu bekommen. Sie hat ihn in einer Spezialitätengärtnerei entdeckt. «Es ist einfach schön, ihm zuzuschauen. Die jungen Blätter sind zuerst ganz samtig, dann werden sie glatt und bilden Flügel.» Sie fischt ihr Telefon aus der Hosentasche und zeigt, wie er aussah, als er bei ihr einzog. Noch ganz klein.
Jede Pflanze hat etwas, das Kim Kitcatt besonders an ihr schätzt. Beim Epipremnum pinnatum ‘Cebu Blue’ ist es das satte Grün. Überhaupt all diese Grüntöne. Hell oder dunkel, matt oder leuchtend, satt oder zart. «Pflanzen begeistern mich mit ihrer Farbe.» Aber das ist nicht alles. Beim Philodendron tortum gefällt ihr, dass die neuen Blätter erst von einer Blatthülse umgeben sind und sich dann wie ein kleines Geheimnis herausschälen. Die Calathea orbifolia nennt sie liebevoll «Zicke», weil es ihr nie so richtig passt. Sie darf zwar direkt neben dem Luftbefeuchter stehen, hätte es aber gern noch feuchter.
Kim Kitcatt achtet genau darauf, welche Pflanze sie wohin stellt. Die Mikroklimata innerhalb eines Raums unterscheiden sich nämlich stark. Direkt beim Fenster hat es viel mehr Licht als in der Ecke am Boden. In der Nähe des Ofens ist die Luft trockener als in einigen Metern Entfernung. Jede Pflanze steht da, wo es für sie die optimalen Bedingungen hat. Pflanzen, die aus subtropischen Gegenden stammen und feuchte Luft mögen, haben neben sich meist noch eine Schale mit Wasser stehen – dieses verdunstet und befeuchtet die Luft.
Text Sarah Fasolin Fotos Annette Fischer
Diese Reportage erschien in der Schweizer LandLiebe #1/2023. Lesen Sie den ganzen Artikel im E-Paper.